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Medizinstudium: Das Abi zählt zweimal

Medizinstudium und AbiturEine Studienplatzzusage heißt auch für äußerst talentierte angehende Mediziner nicht automatisch, dass sie zügig ihre Approbation erhalten. Sollten sie mit nur mäßigen Abiturnoten und Wartesemestern in den vorklinischen Teil der universitären Ausbildung gestartet sein, so müssen sie vor der klinischen Ausbildung möglicherweise wiederum pausieren; denn bei einem Universitätswechsel zählen erneut die Abiturnoten.

Einen Medizinstudienplatz zu bekommen, bedeutet für die meisten Bewerber die Erfüllung eines großen Traums. Deutsche Ärzte werden gesucht und gebraucht, und die Abschlussrate derer, die eine Zusage bekommen, liegt so hoch wie in kaum einem anderen Studiengengang.  Leider bedeutet diese Zusage für viele Betroffene, u.a. knapp die Hälfte der Göttinger und eine Großzahl der Marburger und Frankfurter Studierenden, nur das halbe Glück; denn sie haben „nur“ einen Teilstudienplatz erhalten.

Aus dem auf das Numerus-Clausus-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1972 zurückgehenden Kapazitätsrecht ergibt sich die Anzahl der Teilstudienplätze, die eine Hochschule zur Verfügung stellen muss. Diese orientiert sich im vorklinischen Abschnitt an der Zahl der Lehrkräfte, im klinischen Abschnitt an der Bettenzahl des jeweiligen Universitätsklinikums. Die praktische Konsequenz hieraus bedeutet einen enormen zahlentechnischen Unterschied zwischen vorklinischen und klinischen Plätzen. Die Vor- und Nachteile dieser Regelung werden seit ihrer Einführung vor allem unter den betroffenen Studierenden heftig diskutiert.

Selbstverständliche wünscht man jedem engagierten Medizinstudenten die Möglichkeit, ohne demotivierende monate- bis jahrelange Pausen sein Studium weiterzuverfolgen. Dennoch lässt sich kein Bettenhaus aus dem Boden stampfen und die hochwertige klinische Lehre in Kleingruppen darf nicht unter einer steigenden Studentenzahl leiden. Das leuchtet den meisten Betroffenen ein.

In dieser differenziert zu betrachtenden Lage existiert jedoch ein Aspekt, der völlig absurd erscheint: Ist man als Student nach dem Physikum exmatrikuliert und bewirbt sich direkt an anderen Universitäten, zählt aus völlig unbegreiflichen Gründen wieder die Abiturnote als Auswahlkriterium. So kommt es, dass talentierte Mediziner mit überdurchschnittlich guten Physikumsnoten wieder längere Pausen einlegen müssen als Menschen, die in der Schule eine bessere Performance abgelegt haben. Diese Ordnung hat kein logisches Bestehensrecht und sorgt für fragende Gesichter unter den zukünftigen Ärzten des Landes.

Auf welche Art und Weise nun die Problematik der Teilstudienplätze angegangen wird, hängt wohl unter anderem auch von den finanziellen Mitteln ab, die der Staat der Ausbildung seiner Ärzte und Ärztinnen beisteuern möchte. Dieses Thema bietet noch viel Raum zu Diskussion und Verbesserung.

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